Neustart voraus!

Es ist wichtig zu wissen, was man nicht will!“

Saskia Hilschman

Assistentin der Geschäftsführung, NET@vision GmbH

 

Im Gespräch mit Saskia Hilschmann, Assistentin der Geschäftsführung bei Net@Vision, IT-Dienstleistungsunternehmen aus Göttingen.  

Frau Hilschmann, wir lernten uns kürzlich bei der Studienaussteigerveranstaltung des Netzwerks Neustart voraus kennen. Warum nimmt Ihr Unternehmen an dieser Veranstaltung teil?  

Mit unserem Team sehen wir uns als Unternehmen für die nächsten Jahre gut aufgestellt, dennoch brauchen wir immer kluge Köpfe, die unseren Weg begleiten. Ich nehme ja auch an Maßnahmen zur Berufsorientierung und bin in diesem Zusammenhang oft irritiert, wenn ich von Schülern und Schülerinnen aus der Abschlussklasse höre, dass diese kurz vor ihrem Abschluss noch nicht wissen, wo die Reise beruflich hingehen soll. Von ihnen nehmen sicher viele zunächst ein Studium auf, weil ihr Umfeld es ihnen empfiehlt. Aber im Studium habe ich ein hohes Maß an Flexibilität und muss mich selbst strukturieren. Diese Art des Lernens liegt nicht allen und führt daher nicht unbedingt zum Erfolg. Die Personen, die nach einem Studienabbruch eine Ausbildung bei uns aufgenommen haben, kommen mit dem Rahmen, der ihnen durch Fixpunkte im Ausbildungsplan vorgegeben wird, besser zurecht. 

Sie beschäftigen in Ihrem Unternehmen also bereits Menschen, die einen Studienabbruch hinter sich haben? 

Ja, natürlich, warum auch nicht? Ich möchte dafür werben, dass jeder seinen Weg gehen darf, den er oder sie möchte. Die Fülle an Auswahlmöglichkeiten im Berufsweg macht es schwer, von Anfang an den „richtigen“ Weg zu beschreiten. Somit darf man Studium und Ausbildung nicht nur schwarz/weiß kategorisieren. Umdenken und Ausprobieren von Möglichkeiten muss erlaubt und vermeintliches Scheitern enttabuisiert werden! 

Zur Studienabbrecher-Veranstaltung brachten Sie einen ehemaligen Auszubildenden mit. Welchen Background hatte er? 

Er hatte vorher an der Universität Göttingen Angewandte Informatik studiert. 

Aus Arbeitgebersicht: Welche Vorteile bringen Personen mit, die einen Studienabbruch hinter sich haben? 

Persönlich denke ich, dass man sich zu Beginn tendenziell schneller für ein Studium entscheidet als im späteren Verlauf dagegen. AbbrecherInnen haben diesen Schritt meist lange überlegt mit vielen Faktoren abgewogen. Bestenfalls wissen sie deshalb schon ganz genau, was sie nicht wollen. Zudem haben sie Lebenserfahrung gesammelt – auch das ist relevant. Vorteilhaft ist für uns als Arbeitgeber, dass meist gute theoretische Vorkenntnisse vorhanden sind, auf die man im Rahmen der Ausbildung aufsetzen und gleich das praktische Arbeiten angehen kann. 

Wie sehen denn die Schritte im Bewerbungsprozess aus, wenn ich gerade in der Phase des Zweifelns stecke? Welche Tipps haben Sie für mich?  

Also zunächst hilft es, im Bewerbungsgespräch offen mit dem Lebenslauf umgehen, das heißt, zu seinem Abbruch stehen und ihn begründen können. Ich möchte noch einmal betonen, dass Scheitern zum Leben und Lernen dazugehört, insbesondere, bei der Fülle an Möglichkeiten, die einem heute nach dem Schulabschluss offenliegen. StudienzweiflerInnen und -abbrecherInnen haben bei uns die Möglichkeit, im Rahmen eines Praktikums festzustellen, ob die Materie ihnen liegt. Wenn Sie also gerade im Studienzweifel stecken und sich bewerben wollen, dann sprechen Sie das offen an. Wenn es zu einer Einstellung kommt, dann haben Studienabbrecher mit Vorkenntnissen die Möglichkeit, die Ausbildung zu verkürzen. Aber das prüfen wir im Einzelfall. 

Was unterscheidet die Auszubildenden mit Studienabbruch von denen, die ohne diesen Hintergrund bei Ihnen arbeiten? 

Ein Unterschied liegt in den genannten Punkten Lebenserfahrung und idealerweise vorhandene theoretische Vorkenntnisse, sowie ein höheres Einstiegsalter und eine gewisse Strukturiertheit im Arbeiten. Aber für uns ist es wichtig, dass sich alle ins Team integriert fühlen und gut zusammenarbeiten wollen. Und, sein wir doch ehrlich: Irgendwo trägt jeder sein Päckchen. Im Austausch mit Anderen wird deutlich, dass wir alle nicht immer nur geradeaus gegangen sind. Grundlegende Unterschiede gibt es schlussendlich also nicht. 

Frau Hilschmann, der Fachkräftemangel ist auch in unserer Region spürbar. Mit unserem Gespräch wollen wir aufzeigen, wie Studienabbrecher Teil der Lösung sein können.  

Vor dem Hintergrund der sich wandelnden Arbeitswelt dürfen wir keine Zielgruppe aus den Augen verlieren. Insbesondere das Potenzial, welches an den regionalen Hochschulen gebildet wird, kann unsere Fachkräftelücke verringern. Ebenso bedarf es den regionalen Schulen als Partner, denn dort wird der Grundstein gelegt. Berufsorientierung ist eine Aufgabe, die die regionalen Unternehmen gemeinsam angehen müssen: Wir als Arbeitgeber müssen für diese jungen Zielgruppen sichtbar sein und ihnen frühzeitig Chancen bieten. Deshalb nehmen wir Bewerbungen von Menschen, die einen „Knick“ im Lebenslauf mitbringen auch dankend an.  

 

Zum Unternehmen: 

Die Net@Vision GmbH bietet individuell zugeschnittene Komplettlösungen für mittelständische Unternehmen. Das Leistungsspektrum reicht von Beratung und Planung über Implementierung bis zu Betrieb und Support von IT-Projekten.

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